Alles nur geklaut! Bewährte Konzepte aus anderen Rollenspielen

In den vergangenen drei Jahren habe ich mich durch haufenweise Rollenspielbücher und vor allem durch Regelwerke gelesen. Meine Absicht war ursprünglich herauszufinden, ob es ein fertiges Rollenspiel gibt, welches sich direkt und ohne Anpassung in einer Schulklasse spielbar ist. Kurz gesagt - es gibt keines!

Kandidaten die es in die Top 3 geschafft haben sind Tiny Dungeon 2e, Hero Kids und EZD6. Doch auch bei diesen Kandidaten gab es Schwierigkeiten, die meistens mit dem Organisation und dem Zeit Management in großen Gruppen zu tun hatten. Darüber hinaus gibt es viele gute Ansätze für Rollenspiel mit Kindern. "So nicht, Schurke!" ertrinkt jedoch leider in seiner Infantilität und eignet sich wenn überhaupt nur für Grundschüler. Äventyr kam mit einem positiven Gesamteindruck daher, doch leider kamen kaum Abenteuer hinterher und das Spiel wirkte im großen und ganzen wie die meisten Rollenspielprodukte für Kinder - überladen. Meine Vermutung ist die, dass es einem Rollenspiel für Kinder & Jugendliche nicht gut tut, wenn es von Rollenspielveteranen designt wird. Der beste Mathelehrer ist oft auch derjenige, der Mathe selbst in der Schule nicht wirklich verstanden hat. Aus diesem Grund halte ich es auch für besser, dass dieses Sub-Genre mit Leuten aus der Praxis, interessierten Rollenspielneulingen und erfahrenen Rollenspielern gleichermaßen.

Minimalistische Charakterbögen

Spiele wie Ben Miltons Knave und Maze Rats, sowie die Sprösslingen von Into the Odd wie z.B. Mausritter machen es vor. Ein minimalistisches Rollenspielkonzept verzichtet auch auf überladene Charakterbögen.

Ein Konzept, welches ich bereits mit meiner Klasse gespielt habe arbeitet mit einem extrem reduzierten und übersichtlichem Charakterbogen. Das Schwert gibt den allgemeinen Angriffsbonus an, die Rüstung den Rüstungswert, der Rucksack zeigt an, wie viele Ausrüstungsgegenstände (in Form von Ausrüstungskarten) der Charakter tragen kann, das Buch zeigt an wie viele Zauberkarten ein Charakter mit sich führen darf, das Reagenzglas bezeichnet die Anzahl an magischen Tränken, die Münzen zeigen den aktuellen Reichtum eines Spielers und die maximalen Lebenspunkte werden beim Herz eingetragen (und Verletzungen werden bei den kleinen Herzen markiert).

Bei Name kann der Spieler seinen oder aber einen fiktiven Charakternamen eintragen. Die Rolle definiert in etwa die Spielweise des Charakters und die Nummer dient dem Spielleiter bei Zufallsereignissen. Die Spieler können links unten ein kleines Portrait zeichnen oder ein Token einkleben.


Auch wenn das Konzept funktioniert hat, gibt es einige Teile die man noch optimieren kann. Das Problem bei Optimierungen ist, dass sich die Spielmechanik und auch die Spieltiefe recht schnell verändern und so einen Dominoeffekt auf weitere Spielmechaniken auslösen können. Dies ist sehr zeitraubend, weswegen es wirklich dringend notwendig ist das Spielkonzept genau zu definieren und nur die Mechaniken einzubauen die dem Ziel wirklich zuträglich sind.

Rollenspiel mit Karteikarten (Index Card RPG)

Hankerin Ferinale, von dem ich bis heute nicht weiß ob es sein richtiger Name ist, stellt die Rollenspielwelt mit seinem Kracher ICRPG auf den Kopf. Dabei ist es weniger das heruntergebrochene Spielsystem, welches viele der Probleme die D&D 5e mit sich bringt beseitigt, sondern sein generelles Mindset im Rollenspiel. Für das Spielen in großen Gruppen ist das System, dass den Spielleiter ermächtigt mit ein paar Illustrationen ein ganze Szenario mit räumlicher Lagebeziehung zu erschaffen. Battlemaps werden unnötig, Miniaturen und Gelände werden unnötig. Ein paar Fotos oder handgemalte Karteikarten reichen aus, um aus "Theater of the Mind" eine konkrete Vorstellung von Situationen ermöglicht. Bei 8 Spielern eine absolute Notwendigkeit. Niemand kann die Positionen von 8 Spielern und möglichweise genauso vielen Gegnern im Kopf behalten und gleichzeitig noch die Dynamik eines Kampfes zufriedenstellend beschreiben.

Das Konzept wird von Prof. Dungeonmaster auf seinem Channel Dungeon Craft fast besser erklärt als im Originalvideo auf Hankerins Channel Drunkens & Dragons - dennoch lohnt es sich beide Videos zu schauen. Was mich an Hankerin am meisten fasziniert ist seine pragmatische Art. Seine Videos sind selten schön, doch der Inhalt dafür umso gewichtiger. Wie lassen sich Rollenspiele einfach und zugänglich gestalten und warum in aller Welt darf sich WotC heraus nehmen zu sagen, dass D&D 5e Einsteigerfreundlich ist.


Kommentare